Donnerstag, 11. November 2010

Abschiedsbrief von Hanna

Lieber Michael,

wenn du diesen Brief in den Händen hälst und liest, werde ich schon diese Welt verlassen haben. Du fragst dich jetz bestimmt, warum ich meinem Leben, kurz vor meiner Entlassung aus dem Gefängnis, ein Ende gesetzt habe. Du wirst dich bestimmt fragen warum ich dass getan habe. Aber ich konnte einfach nicht mehr mit der Last leben, dass wegen mir viele Frauen und Kinder gestorben sind. Du kannst dir bestimmt nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, mehrere Menschen auf dem Gewissen zu haben. Es ist schwer zu ertragen.
Dann kam noch dazu, dass ich nie richtig schreiben und lesen gelernt habe. Erst im Gefängnis habe ich, durch deine Kassetten schreiben und lesen gelernt. Du hast ja immer auf die Kassetten gesprochen von wem das Buch ist und den Titel. Dann bin ich in die Bücherei gegangen und habe mir diese Bücher ausgeliehen. So habe ich lesen gelernt.
Ich werde mir es nie verzeihen können, dass ich dich in jenem Sommer verlassen habe. Aber ich konnte mich meinem Chef einfach offenbaren. Er wollte mich befördern. Ich hätte in der Verwaltung arbeiten können. Aber dann wäre ja rausgekommen, dass ich weder lesen noch schreiben konnte.

Eigentlich wollte ich dir keinen Abschiedsbrief schreiben, weil du mir ja nie auf meine Briefe geantwortest hast. Aber da ich dich noch immer liebe, finde ich dass ich dir einen Abschiedsbrief schreiben sollte.

Ich hoffe du genießt weiterhin dein Leben und stürzt nicht so ab wie ich.

Deine dich immerliebende
Hanna

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